Jugendmusical "Cool" läuft im Aegi richtig heiß

 Waren Sie im Aegi-Theater etwa nicht dabei?
Dann dürfen Sie jetzt vor Wut im Karree springen, denn Sie haben einen der stärksten Bühnenauftritte des Jahres verpasst. Die Münchner Westend-Opera zeigte vor rund 400 meist sehr jungen Besuchern mit "Cool" den ultimativen Beitrag zur Jugendkultur der 90er Jahre. Liedgesang und Rap, Breakdance und Video, Skaten und Kampfsport: Alle Ausdrucksmittel der vergangenen Jahren bekommt man hier mit einer Power serviert, dass nur Scheintote sich dabei langweilen können. Die jugendlichen Akteure, die aus zahlreichen Nationen stammen, haben diese "HipHopera" unter Anleitung von Fachleuten selbst erarbeitet. Und die Themen eingebracht, die sie beschäftigen und mit denen sie Erfahrungen haben: Drogen, Gewalt, Sprayen, Missbrauch, Freud und Leid von Multi-Kulti und noch viel mehr. Das Ergebnis hat rein gar nichts mit einem Alibi-Projekt zu tun, bei dem nur Sozialpädagogen leuchtende Augen kriegen. Dazu sind diese Jungs und Mädels viel zu gut. Und mit einem Herzblut bei der Sache, das dem Titel "Cool" durchaus widerspricht - aber ist die viel beschworene Coolness nicht ohnehin zum Gutteil ein Schutzmechanismus gegen eine Welt, die so verdammt wehtun kann?
Jedenfalls wirkt diese Geschichte um eine bunt gemischte Truppe in einem Abrisshaus niemals peinlich. Der Gesang geht in den Bauch, der Tanz ins Blut. Merish Claren, Andi "Enz" Zsiros, Aysun Yokus, Tina-Maria Aigner, Anne Dimitru und wie sie alle heißen: Persönlichkeiten, von deren Bühnenpräsenz sich mancher lang gediente Profi noch was abgucken könnte.
Pause, NP-Gespräch mit Vridolin Enxing, Initiator des Projekts und in den 70ern bei der Polit-Rock-Gruppe "Floh de Cologne" tätig. Was hat sich in der Zwischenzeit verändert?
 "Alles. Von Agitieren kann heute keine Rede mehr sein. Von Uniformen allerdings auch nicht - wir sind doch damals alle im Parka rumgelaufen."

Und die Zeiten seien härter geworden: "Als meine Tochter sechzehn war, kam sie heulend
aus der Schule. Sie hatte vom Regenwald, dem Ozonloch und all diesen Dingen erfahren. Mit dieser ständigen Bedrohung, dass alles zusammenbricht, sind wir ja damals noch nicht aufgewachsen. Ich finde es toll, dass die heutigen Jugendlichen trotzdem nie aufgeben."

Weiter gehts auf der Bühne. Noch immer schwungvoll, noch immer ziemlich laut, noch immer zündend. Und am Schluss wird es sogar ein bisschen kitschig - gut so, gar zu cool soll""Cool" ja auch nicht sein. Sehr herzlicher Beifall.

onl, HANNOVER