WestEndOpera als Motivation
Arbeitsamt beschreitet bei Berufsförderung neue Wege
Auf der großen Zeltbühne des Tollwood-Festivals auf dem Olympiagelände
ist in diesen Tagen eine Produktion zu sehen, die in jeder Hinsicht aus
dem Rahmen fällt: Bei der "WestEndOpera" rappen, breaken, skaten und
sprayen 31 Jugendliche aus zwölf Nationen auf der Bühne und zeichnen
so ein authentisches Bild ihrer Generation. Texte, Musik, Bühnenbild
alles stammt von den 16- bis 26-jährigen Darstellern selbst.
Auf die Idee, daß es sich dabei um ein Projekt des Arbeitsamtes München
zur Berufsförderung für Jugendliche handeln könnte, wird
bei der energiegeladenen Vorstellung wohl kaum jemand kommen. Genau das
aber ist der Fall. Die meisten der Schauspieler und Sänger auf der
Bühne sind arbeitslose Jugendliche ohne Ausbildung. Ihr großer
Auftritt wird vom Arbeitsamt mitfinanziert. "Damit haben wir neue Wege
bei der Berufsförderung beschritten", stellte Jochem Ellerich von
der Berufsberatung des Arbeitsamtes das Projekt jetzt vor. Bei den klassischen
Förderprogrammen würden Jugendliche ohne Ausbildung vom Arbeitsamt
in Kursen geschult, um sie auf das Berufsleben vorzubereiten. Bei der WestEndOpera
war alles etwas anders. Initiiert wurde das Projekt nicht vom Arbeitsamt,
sondern vom Verein Kontrapunkt und dem Musiker Vridolin Enxing. Die Jugendlichen,
mit denen sie ein modernes Musical inszenieren wollten, wählten sie
auch nicht nach den Förderkriterien des Arbeitsamtes aus. "Am Anfang
stand ein ganz normales Casting", erzählt Uli Gläss von Kontrapunkt.
Erst als es um die Frage öffentlicher Fördergelder ging, entstand
der Kontakt zum Arbeitsamt. Dort sieht man das Projekt als besonders gute
Möglichkeit zur Berufsförderung. "Die Teilnehmer lernen wichtige
Arbeitsqualifikationen noch viel besser als in herkömmlichen Kursen,
weil sie hier mit einem sinnvollen Ziel verbunden sind", glaubt Ellerich.
So mussten die Darsteller nicht nur Singen und Tanzen üben, sondern
auch bei der Bühnentechnik mithelfen. Das Wichtigste, so Ellerich,
sei, dass die Jugendlichen die gut einjährige Vorbereitungsphase durchgehalten
hätten. "Für Leute, die oft schon mehrere Lehren abgebrochen
haben, ist das ganz beachtlich." Mit dem Auftritt beim Tollwood-Festival
(bis 23. Juni, täglich um 20 Uhr) ist das Projekt für das Arbeitsamt
abgeschlossen. Und auch wenn danach nicht alle Karriere als Sänger
und Tänzer machen, ist das Projekt für Ellerich ein Erfolg, denn
"selbst eine Schreinerlehre war für viele von ihnen noch vor einem
Jahr ein utopisches Ziel", sagt er.
Von Gabi Vögele